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07. Dezember 2014

Zurück nach Hoenn

Der Himmel verdunkelte sich und die Wolken zogen sich bedrohlich zusammen. Die ersten Regentropfen fielen und stimmten einen Trommelwirbel auf den Dächern des Bahnhofes in Illumina City an. Im gleichen Takt schlug das Herz eines jungen Mannes, der aufgeregt auf seinen Zug wartete. Sein Name ist Jonah und er wollte in ein neues Abenteuer starten.
Es kam ihm vor, als wäre es erst gestern gewesen, als er sein Abenteuer begann. Er ist aus seiner Heimat einen weiten Weg geflogen, um in Kanto seine Karriere als Pokemontrainer zu beginnen. Damals war er 13 Jahre alt. Mittlerweile ist er 29 und hat bereits zweimal Kanto & Johto gesehen, war in Hoenn, Sinnoh, Einall und befindet sich nun in Kalos. Es war schon immer sein Traum gewesen, die ganze Welt zu bereisen, viele Pokemon und Menschen kennen zu lernen und deren Kulturen. Nach all den Jahren war er nie traurig über seine Berufsentscheidung gewesen. Selbstverständlich war es nicht immer leicht. Mit 13 hat er erst einmal lernen müssen, Rückschläge in Kauf zu nehmen. Selbst heute steckt er nicht jede Niederlage so leicht weg, wie er es sich wünschen würde.
Als sein Abenteuer vor fast genau 16 Jahren begann, lernte er Professor Eich kennen, der die neuen Trainer in Kanto betreute. Er hatte damals die Auswahl zwischen zwei sehr bekannten Starterpokemon gehabt: Bisasam, Glumanda und Schiggy. Es ist ihm sehr schwer gefallen sich zu entscheiden, er hätte am liebsten alle drei genommen. Letztendlich entschied er sich für Glumanda. Es war ein weibliches Exemplar und begleitete ihn seit diesem Tag. Auch durch die anderen Regionen hat es ihn stets begleitet und meisterte mit ihm in der Kalosregion sogar die Mega-Entwicklung.
Auch jetzt stand dieses Pokemon neben ihm. Mittlerweile war es natürlich ein Glurak. Um ihren Hals war ein wunderschönes Halsband befestigt, dass den Mega-Stein einfasste. Jonah beobachtete sie, wie sie neben ihm unter dem Dach des Bahnhofes kauerte, um den Regentropfen zu entgehen. Er musste lächeln, trat zu ihr heran und streichelte sie besänftigend. Genauso liebevoll schmiegte das Glurak seinen Kopf an seine Schulter und grummelte zufrieden. „Heute geht es wieder nach Hoenn. Es soll sich viel verändert haben seitdem wir das letzte Mal dort waren. Freust du dich?“, flüsterte er leise. Ein zustimmendes „Glu!“ war die Antwort darauf und Jonah grinste.
Plötzlich ertönte eine Durchsage und er blickte auf. Ihr Zug wurde angekündigt, er sollte in wenigen Minuten eintreffen. Mit bebendem Herzen schultere er seine Reistasche und begann unruhig auf und ab zu laufen. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen bis der Zug neben ihnen einfuhr. Als die Türen sich öffneten, kam es Jonah so vor, als würde er in ein neues Leben treten. Er half seinem Glurak durch die enge Zugtür zu kommen und suchte mit ihr einen Platz. Der Zug war noch recht leer, weshalb die Auswahl groß war. Jonah entschied sich für einen Gruppensitzplatz, da sein Glurak mehr Platz benötigte, als ein normaler Mensch. Zum Glück waren die Sitze so gebaut, dass sie das erhöhte Gewicht eines Pokemon tragen konnten. „Ich bin so aufgeregt“, gestand er und ließ sich nach dem Verstauen seiner Tasche in dem Sitz am Fenster fallen. Glurak raschelte unruhig mit den Flügeln, so als wollte es sagen, dass es ihr ganz genau so ging. Jonah lächelte wieder. „Ich bin so gespannt, welche Pokemon uns dieses Mal über den Weg laufen werden. Das letzte Mal haben wir auch sehr viele gefangen. Die Professoren brauchen bald ein ganzes Gelände nur für uns.“ Er lachte und sein Glurak stimmte ein, obwohl es bei ihr eher so klang, als hätte sich jemand fürchterlich verschluckt.
Die erste Stunde verbrachten die beiden mit Träumen, während die Landschaft von Kalos an ihnen vorbeizog. Für einige Minuten schlief Jonah sogar ein.

Als er wieder erwachte, war der Zug schon etwas voller. Trainer aus verschiedenen Regionen und aus verschiedenen Jahrgängen tummelten sich mittlerweile in diesem Zug. Auch eine Gruppe Touristen war dabei, die sich aufgeregt darüber unterhielten, welche Sehenswürdigkeiten sie in Hoenn zuerst besuchen würden. Als der Zug an der nächsten Haltestelle anhielt, setzte sich eine Frau zu Jonah. Sie betrachtete sein Glurak ganz interessiert. „Es sieht wirklich stark aus“, begann sie die Unterhaltung. Jonah schien vor Stolz fast zu platzen. „Ja, ich habe sie wirklich gut trainiert.“, meinte er und betrachtete sein Glurak, das mit dem Kopf auf dem Tisch leise schnarchte. „Wohin fahrt ihr?“, fragte die Frau weiter. Jonah verzog das Gesicht ein wenig. „Du scheinst ziemlich neugierig zu sein. Wie heißt du überhaupt? Mein Name ist Jonah.“ Die Frau errötete leicht. „Tut mir leid, das war sehr unhöflich von mir. Ich bin Amaya.“ Sie machte eine Pause und lächelte wieder. „Also.. wohin fahrt ihr nun?“ Jonah lachte „Na gut, da du es unbedingt wissen möchtest. Wir fahren nach Hoenn.“ Sie betrachtete ihn einen Augenblick und er nutze die Gelegenheit und betrachtete sie auch etwas eingehender. Sie hatte schwarzes Haar und dunkelbraune Augen. Sie trug eine kleine Tasche bei sich. Vermutlich wollte sie nicht sehr weit fahren. „Nach Hoenn.“, wiederholte sie und Jonah nickte. „Warst du bereits dort gewesen?“ Er nickte erneut „Ja, es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber wir waren dort. Mittlerweile soll sich Hoenn verändert haben, habe ich gehört.“ Sie lachte „Verändert ist eine gute Beschreibung dafür. Du wirst denken, dass du in einer völlig neuen Region gelandet bist!“ Und mit diesen Worten begann eine ausführliche Erzählung über die neue Hoenn-Region. Jonah hörte gebannt zu, stellte ab und zu ein paar Fragen oder spielte unruhig an dem Verschluss seiner Jacke, wenn er das Bedürfnis hatte, ausflippen zu müssen, weil er es nicht mehr erwarten konnte. Irgendwann wachte sogar Glurak auf und hörte genauso gebannt zu. Amaya erzählte von einer neuen Variante der Wettbewerbe, neuen Geheimbasen, einem neuen Poke-Navi und vielem mehr. Jonah kam aus dem Staunen fast nicht mehr raus. Als sie dann zu den neu entdeckten Mega-Entwicklungen und den ungewöhnlichen Ereignissen auf den benachbarten Inseln kam, konnte sich Jonah nicht mehr halten. „Wahnsinn! Wir haben vor kurzem auch erst eine Mega-Entwicklung gemeistert“ Aufgeregt deutete er auf das Halsband seines Gluraks und sie nickte eifrig, um ihm zuzustimmen. „Ich kann es nicht glauben, dass es das in Hoenn jetzt auch gibt! Ich dachte, solche Steine findet man nur in Kalos! Wow! Ich kann es kaum erwarten, bis ich einen weiteren Mega-Stein finde, der vielleicht zu einem meiner Pokemon passt, die ich mir dort fangen werde.“Amaya lachte. „Sieht so aus, als hätte ich deine Vorfreude steigern können.“ Jonah schüttelte sich „Und wie!“
Ja, er spürte es. In seinem ganzen Körper konnte er fühlen, wie ihn das Adrenalin einnahm, sich die Unruhe in ihm breit machte. Wenn er nicht gerade in einem Zug sitzen würde, der noch ein paar Stunden zu seinem Zielort fährt, würde Jonah sofort seine Reisetasche nehmen und los marschieren. Er blickte mit feurigem Tatendrang zu seinem Glurak und auch seine jahrelange Begleiterin schien es kaum erwarten zu können.

Amaya blieb nicht lange neben ihm sitzen. Schon wenige Minuten nach den Erzählungen über Hoenn stieg sie aus. Jonah blickte ihr nach und stellte fest, dass er sie nie etwas gefragt hatte, das sie selbst betraf. Er kam sich ein wenig unhöflich und kindisch vor. Diese Gefühle mussten aber bald schon wieder der Vorfreude Platz machen. Es war einfach zu aufregend!

Die Zufahrt war nun schon zur Hälfte geschafft. In drei Stunden würden Jonah und Glurak ankommen. Jonah hatte etwas zu essen aus dem Speisewagen organisiert und teilte mit seiner Gefährtin ein paar Stücke Kuchen. Normalerweise würde Jonah eine weniger süße Nahrung vorziehen, aber die Nudeln, die im Speisewagen ausgegeben wurden, sahen nicht sonderlich appetitlich aus. Der Kuchen hingegen schmeckte wunderbar.
Während der nächsten drei Stunden setzten sich viele Menschen neben Jonah und führten mit ihm einige Unterhaltungen. Manche von ihnen hatten sogar exotisch klingende Dialekte. Jede Unterhaltung war für sich etwas Besonderes.
Die letzte Unterhaltung sollte jedoch die wichtigste an diesem wundervollen Tag sein. Wobei in diesem Fall >wundervoll< wohl Ansichtssache ist, denn die meiste Zeit regnete es.
Es war nicht mehr weit bis Metarost City. Die ungeduldige Vorfreude wich allmählich der Müdigkeit und Jonah sehnte sich das nächstbeste Pokemon Center herbei. Er grübelte darüber, ob er sich in Hoenn das erste Mal anderen Trainern anschließen sollte. Normalerweise hat er sich immer dafür entschieden alleine zu reisen, Begleitungen waren ihm ein Klotz am Bein. Aber nach den vielen Jahren nur mit seinen Pokemon, fehlte ihm ein bisschen die menschliche Nähe. Nicht, dass seine Pokemon nicht wundervoll waren. Alle Pokemon, die er während seiner Reisen bei sich hatte waren einzigartig und sehr eng mit ihm befreundet. Jedes Mal, wenn er sie in ihrer Region zurückließ, schmerzte es ihm sehr. Doch einen menschlichen Freund zu haben war etwas anders. Die Unterhaltungen waren anders, die Streitereien und auch von Menschen konnte man viel lernen.
Jonah war so in seine Gedanken vertieft, dass er nicht bemerkte, wie sich seine letzte Unterhaltung neben ihn setzte. Dessen Pullover war mit Regenwasser regelrecht durchtränkt, die Haare lagen platt und feucht auf seinem Kopf an. „Was ein blödes Wetter!“, fluchte er und war die Tasche auf dem Boden, die nicht weniger nass war, als der Rest von ihm. Jonah zuckte zusammen und bemerkte den anderen Mann erst jetzt. „Ach du meine Güte“, entfuhr es ihm und Jonah musste lachen. Der andere Mann verzog das Gesicht, während Jonah sich langsam wieder einkriegte. „Tut mir leid, aber du siehst aus, als wärst du in einen Fluss gefallen!“ Der andere Mann zog seinen Pullover aus. Darunter hatte er ein genauso nasses T-Shirt. „Es fühlte sich eher so an, als wäre der Fluss auf mich gefallen.“ Jonah lachte wieder und der andere stimmte diesmal in sein Lachen ein. „Ich bin übrigens Finley und meistens bin ich nicht nass.“ Jonah reichte ihm die Hand. „Ich bin Jonah. Und … ich lache andere Leute nicht immer aus.“ Er grinste und stand auf, um seine Reisetasche von der Gepäckablage zu holen. Er kramte kurz darin und holte trockne Kleidungsstücke heraus, um sie dann FInley zu reichen. Dieser nahm sie verblüfft entgegen. „Hier“, sagte Jonah lächelnd. „Damit du dich nicht erkältest. Wenn wir da sind und deine Sachen wieder trocken, kannst du mir sie ja wieder zurück geben.“ Finley bedankte sich übertrieben und verzog sich auf die Toilette, um sich umzuziehen. Plötzlich machte sich Glurak bemerkbar und deutete nach draußen. Jonah folgte ihrem Blick und sah, dass es schneite. „Oh, Schnee!“, rief er aus und machte damit auch die anderen Passagiere auf das Wetter aufmerksam.
Finley setzte sich wieder zu ihnen und betrachtete mit Jonah die Landschaft. Sie hatten Hoenn erreicht und ihr Zielort war nicht mehr weit entfernt. Weihnachtsstimmung machte sich im Zug breit, denn auch draußen sah es herrlich weihnachtlich aus. Es hatte wohl schon seit Tagen geschneit und die Städte waren schon für die Adventszeit geschmückt worden. Es war, als wäre Jonah vom Sommerregen in Kalos direkt in den Winter, direkt zu Weihnachten in Hoenn geschlittert. Es war eigenartig. Noch eigenartige war, dass er genau in solchen Momenten seine Mutter vermisste. Seine Mutter, die er nur selten sah. Einer der Nachteile, wenn man viel reist. Zeit für Familie hat man wenig.
Jonah teilte Finley seine Gefühle mit und auch er schien genauso zu denken. Da saßen sie nun. Gemeinsam fühlten sie sich einsam in dieser herrlichen, prachtvollen Umgebung.

Als sie endlich in Metarost City ankamen, waren ihre Beine lahm vom vielen Sitzen. Sie fühlten sich unglaublich müde und erschöpft, obwohl sie nicht so viel gelaufen sind, wie an normalen Tagen.
Jonah und Finley suchten ihre Sachen zusammen und schulterten ihre Taschen. Gemeinsam mit Jonahs Glurak traten sie hinaus. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen. Es war hier deutlich kälter als noch in Kalos. Gluraks Schweif taute überall, wo es stand, den Schnee auf und hinterließ eine deutlich erkennbare Spur. Gemeinsam mit Finley durchquerten die beiden Freunde den Bahnhof und traten auf den Platz hinaus. In der Mitte stand ein Weihnachtsbaum. Die bunten Lichter funkelten durch die anbrechende Dunkelheit. Jonah blieb stehen, die anderen taten es ihm gleich. Er blickte zu Finley und sagte bestimmt: „Du wirst uns dieses Abenteuer begleiten.“ Und Finley entgegnete: „Das ist beschlossene Sache.“ Beide grinsten und Glurak spie dem fallenden Schnee heiße Flammen entgegen. Sie betrachten den Weihnachtsbaum, sogen die Gerüche von Lebkuchen in sich ein. Hier würde Jonahs Reise weitergehen. Erneut in Hoenn, in einem neuen Hoenn. Diesmal gemeinsam mit einem Menschen und vielleicht auch mit seinem ersten legendären Pokemon. Was geschehen wird, kann heute noch keiner sagen. Gewiss ist jedoch – nächstes Jahr werden alle Trainer in ein neues Abenteuer aufbrechen.

„Willkommen in Hoenn!“