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Driftlon - Ein Pokémon auf Abwegen

Fanstory von Giflor

Ein ganz normaler Freitag...

Es war ein verregneter Freitagmorgen. Nieselregen klatschte gegen mein Fenster, Nebelschwaden zogen vorbei und man konnte fortwährend das leise -Platsch-Platsch- der Tropfen hören. Mürrisch drehte ich mich um. Pilu, mein Plinfa, sah mit müden Augen hinaus und fragte sich wahrscheinlich das Gleiche wie ich - musste man jetzt aufstehen? Erwarteten Lehrer auch, dass man an solch langweiligen und platten Tagen in die Schule kam?

"Hee, Sharon, stehst du jetzt endlich auf? Die Schule wartet nicht!" Na toll. Meine Mutter. "Komm, zieh dich an, iss dein Brot, beeil dich! Na los! Vor ein paar Tagen warst du doch auch nicht so ein Morgenmuffel." Jaha. Vor ein paar Tagen hatte ich mir auch mein erstes Pokémon ausgesucht. Es war strahlend schönes Sonnenwetter gewesen, Professor Eibe hatte richtig gute Laune gehabt und Pilu hatte ich sofort ins Herz schließen können. Alles war gut gewesen. Aber das kann man ja wohl nicht mit diesem Morgen vergleichen. Wer wollte denn jetzt - aber gut, okay, ich mach ja schon.

Nach nur wenigen Minuten stand ich vor dem Haus. Wahrscheinlich war es jetzt besser, meine Pokémon in den Ball zu rufen, weil ich über gefährliche Straßen musste. "Komm zurück, Plinfa!", rief ich und ließ Pilu in den Pokéball hinein. Mein Staralili, Stary, kam schnell vom Dach heruntergeflattert, um mir Hallo zu sagen. Na, wenigstens einer hatte hier gute Laune. "Star, Star, Staralili?", zwitscherte es mit fragendem Gesicht. "Ja, du auch.", meinte ich lächelnd. Keep smiling, wenn du schlecht drauf bist und deine Pokémon das merken, werden sie depressiv. Hat zumindest in einem Buch gestanden.

Schaden konnte es ja nicht. Nachdem beide Vögel 'sicher verstaut' waren, machte ich mich auf den Weg. Richtig Lust hatte ich eigentlich nicht, aber sei's drum. Meine Mutter und ich waren ja erst vor drei Wochen von Hoenn hierher gezogen. Hier kannte ich niemanden und zur Schule ging ich nicht sonderlich gern. Die anderen Kinder hänselten mich oft, vor allem, weil ich in Duellen immer gegen sie verlor. Pilu und Stary mussten halt noch trainieren. Zur Schule ging ich eigentlich hauptsächlich, weil....

BUMM! Ein dumpfer Schlag gegen mein Gesicht, einfach so, quasi aus dem Nichts, überraschte mich völlig und riss mich um. Mir wurde schwarz vor Augen und ich bemerkte nur noch, wie ich auf dem Boden aufschlug. Schwarz vermischte sich mit Lila, Blau, Grün, Gelb, Weiß..... "Hallo? Sharon? Alles okay? Mann, das Driftlon hat dich vielleicht umgerissen!" ... Wer war das denn.... ? .... Hilfe, tat mein Kopf weh. Mit viel Mühe öffnete ich meine Augen.

Vor mir saß Daniel, mein einziger Freund hier in Sinnoh! Gott, da hatte ich aber wirklich mal wieder Dusel gehabt, denn als ich mich umblickte, sah ich, dass dieses - Driftdings - mich mitten auf der Hauptstrasse getroffen hatte. Autofahrer hätten mich nicht gesehen und... nicht vorstellen, was hätte passieren können!

"Ein Drift-was? Noch nie gehört! Was ist das denn?", fragte ich Daniel völlig verwirrt, nachdem wir uns auf eine Bank am Straßenrand gesetzt hatten. Daniel wiederum sah jetzt noch verwirrter aus als ich. "WAS, du weißt nicht, was ein Driftlon ist? Das ist ein Pokémon! Ein Ballon-Pokémon! Es hat den Typ Geist-Flug und lebt bei den Windwerken hier in der Nähe. Ich war schon fast an der Schule, da habe ich es gesehen. Das Driftlon sah völlig verzweifelt aus und ist ständig kreuz und quer herumgesaust. Ich habe mir gedacht, dass ich ihm vielleicht helfen muss, und bin ihm gefolgt. Dann ist es gegen dich geflogen. Und bei allem Driftlon-Rettergeist, wenn meine Freundin auf der Schnellstrasse k.o. geht, kümmere ich mich lieber mal um sie!"

So war das also. Wirklich nett von Daniel. Aber was war jetzt mit... "Driftlon! Es hat doch bestimmt ein Problem! Komm, wir müssen ihm wirklich helfen! Es ist wahrscheinlich aus der Stadt hinausgeflogen.", rief ich und sprang auf. "Ok, aber - die Schule???", meinte Daniel vorsichtig. Ich winkte lächelnd ab. "Was für eine Schule denn?"

Eine wilde Jagd

"Okay, komm raus, Stary!", rief ich und schleuderte den Pokéball in die Luft. Weißes Licht blitzte auf, und mein kleiner Vogel flatterte tatendurstig zu mir - "Star, Stary?" "Irgendwo hier in der Stadt oder außerhalb befindet sich ein Driftlon, das wahrscheinlich wild umherfliegt. Wenn du es gefunden hast, komm zu uns, um uns zu sagen, wo es ist! Beeil dich!", gab ich meinen Auftrag durch.

Ein weiterer Pokéball flog auf die Strasse, und Daniels Moterpel erschien. Der Junge rief: "Flieg mit Staralili mit und suche Driftlon! Wenn ihr es gefunden habt, dann bleibst du in Driftlons Nähe, schwebst aber bitte weit oben, damit wir dich sehen können. Okay, fliegt los!" - "Stara!" - "Mottttterrrrp!"

Als die Pokémon von der Bildfläche verschwunden waren, begannen auch Daniel, Pilu, das ich mittlerweile auch herausgelassen hatte, Daniels Panflam und ich zu rennen. Auch wenn wir die Schule schwänzten und somit eigentlich Zeit hatten, wollten wir Driftlon doch so schnell wie möglich einholen, damit es sich nicht verletzte und keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Ein paar Mal sahen wir Driftlon, aber es war zu schnell. Innerhalb von Sekunden verschwand es wieder. Hoffentlich hatten wir bald mehr Glück. Ewig rennen konnten wir nicht. "Was ich mich frage, ist ja, warum dieses Pokémon eigentlich so wild umherkurvt?", keuchte ich, während wir die Strassen und verwunderten Leute an uns vorbeiwischen ließen. Daniel zuckte, soweit das im Rennen eben möglich war, die Schultern. "Ich habe keine Ahnung.", gab er bedauernd zu. "Hoffentlich hat es niemand verletzt."

Nachdem wir etwa zehn Minuten rennend gesucht hatten, hörten wir ein vertrautes "Staralilili!" in der Luft. Daniel, Panflam, Pilu und ich blieben stehen. Stary kam zu uns herabgestürzt und sah sehr aufgeregt aus. Es schrie förmlich: "Staaaraaa! Sta, Staralili!" "Oh nein, es muss irgendetwas los sein, sonst würde dein Staralili sich nicht so aufregen!", rief Daniel. Ich entgegnete: "Quatsch nicht, nein, Entschuldigung, es war nicht so gemeint, aber das kostet Zeit, los, wir - wir - wir - wir müssen Stary sofort folgen!", brachte ich irgendwie hervor.

Der kleine Vogel hatte sich inzwischen völlig aufgelöst auf meine Schulter gesetzt. Bevor ich ihm sagen konnte, dass er jetzt leider wieder losfliegen musste, hörte ich ein kreischendes "Moterp!" hinter dem Gebäudeblock, das erst laut klang, aber dann abrupt erstarb, als hätte ihm jemand die Luft abgedreht. Unsere kleine Truppe nahm noch einmal alle Kraft zusammen, rannte ein letztes Mal und blieb dann hinter den Läden stehen.

Vor uns ergab sich ein grauenhaftes Bild: In einer verlassen Sackgasse stand ein ziemlich fies aussehender Mann mit einem gelben und einem braunen Auge und umklammerte das wohl nah am Ersticken befindliche Moterpel, während zwei andere das nun wirklich wahnsinnige Driftlon. Erst jetzt erkannten wir: Driftlon hatte einen ziemlich großen Bauch. Es musste irgendetwas verschluckt haben, was für diese Männer wichtig war.

Aber um an diesen was-auch- immer-Gegenstand heranzukommen, mussten diese Menschen… Nun drehten sie sich in unsere Richtung. Ihre Gesichter wirkten hart und unerbittlich. "So, ihr wollt uns also stören. Nicht mit uns! Dieses Driftlon wird wohl oder übel dran glauben müssen, nachdem es den Meisterball gefressen hat. Wie kann man nur so blöd sein? Lasst uns in Ruhe. Ein bisschen Gift, und es ist vorbei."

"Das kommt gar nicht in die Tüte!" schrie Daniel wütend. Er ließ Moterpel zurück in seinen Pokéball, um es gleich darauf erneut hinauszurufen. Nun konnte es sich wieder frei bewegen. Pilu, Stary, Panflam und es bauten, sich für alles bereit, vor uns auf. Einer der, wie mir jetzt einfiel, Team-Galaktik-Mitglieder, brüllte hämisch: "Na schön, ihr habt es so gewollt. Luxio, Honweisel, ihr seid dran!"

Rettet Driftlon!

Weißes Licht erstrahlte und das Elektro- und Käferpokémon erschienen. Beide schrien kampflustig und bauten sich dann uns gegenüber auf. Das war ein Kampf. Gut. Das wollten wir doch mal sehen! "Plinfa, Aquaknarre auf Honweisel! Stary, Flügelschlag auf Luxio!", rief ich. Daniel schrie: "Moterpel, regenerier dich erst mal, Genesung! Panflam, Glut auf Honweisel!"

Dadurch, dass Pilus Aquaknarre Panflams Glut löschte, traf nun ein kochendheißer Dampf auf Honweisel. Es wurde zurückgeschleudert und gegen die Wand geschmettert. Es fiepte noch einmal mit erstickter Stimme "Hon…wei…" und war kampfunfähig. Der Gangster flippte förmlich aus und brüllte: "Du blödes Pokémon! Nicht mal kämpfen kannst du! Komm zurück, du blödes Vieh!"

Ich erschrak ziemlich über seinen Umgang mit Honweisel, aber schließlich kämpften wir hier noch, und - was machte Stary eigentlich gerade? Ich drehte mich um und musste mit Entsetzen feststellen, dass mein Staralili gerade von dem gemein grinsenden Luxio mit Donnerblitz so durchgeschockt wurde, dass es ganz erbärmlich schrie. Besiegt fiel Stary auf den Boden. Ich rannte zu ihm. "Oh nein, es tut mir so Leid!", flüsterte ich. "Sta…", fiepte der Vogel schwach. Ich trug ihn schnell auf meinem Arm zu Daniel zurück und lehnte Stary gegen eine Hauswand.

Panflam und Moterpel schlugen sich unterdessen mit Luxio herum, konnten es aber nicht wirklich treffen und waren beide schon sehr geschwächt. Die Situation schien aussichtslos. Aber wenn wir den Kampf verlieren würden, müsste Driftlon sterben. Und das konnten wir nicht zulassen! Ich hatte eine Idee. "Daniel, lass uns eine Dreier-Fernattacke versuchen! Pilu mit Aquaknarre, Panflam mit Glut und Moterpel mit Silberhauch!" Daniel rief: "Gute Idee!" und befahl seinen Pokémon: "Ihr habt es gehört! Los, benutzt die Attacken, schnell!"

Wasserschwaden, Dampf, Feuer und Silber schlugen nun auf Luxio ein und durch die Breite der Attackenwand konnte es unmöglich ausweichen. Besiegt fiel es ungefähr zehn Meter weiter um. Die Teammitglieder waren nun wirklich wütend, konnten aber nichts mehr tun. "Dann nehmt Driftlon halt! Es gibt andere Meisterbälle! Aber das zahlen wir euch noch heim!"

Der Mann mit dem gelb-braunen-Auge nahm das nun wirklich aufgelöste Driftlon in seine schmierigen Hände und warf es zu mir hinüber, so als wäre es ein nasser Sack. Dann stießen die Männer uns beiseite und rannten zu einem Auto, mit dem sie davonrasten. Ich sah Driftlon an und nahm es in den Arm. Es weinte, lächelte mich aber glücklich an. "Keine Sorge, es wird alles gut. Sie sind weg.", flüsterte ich beruhigend. Plötzlich begann der kleine Ballon zu leuchten. "Entwickelt es sich etwa?", fragte Daniel verwirrt. Aber es verschwand einfach und ich hielt einen Meisterball im Arm.

Es wird immer weitergehen…

Als Daniel, ich und Driftlon mit unseren Pokémon nach Hause kamen, stand meine Mutter in der Tür und sah mich wirklich fuchsteufelswild an. "Hast du etwa die Schule geschwänzt? Na warte, da kommt mir meine Tochter an und geht einfach shoppen und Pokémon fangen! Hat man so etwas schon gesehen? Der Direktor hat mir…" Ich hörte sie gar nicht mehr. Ich drehte mich einfach um und gab Daniel einen Kuss. Er lächelte. "Viel Spaß mit Driftlon.", flüsterte er.

Ich saß mit drei Wochen Stubenarrest auf meinem Zimmer. Aber ich war nicht sauer. Ich hatte einem Pokémon das Leben gerettet. Ich hatte Team Galaktik besiegt. Ich hatte ein Abenteuer erlebt. Und ich hatte die Schule geschwänzt. Irgendwann muss das auch mal sein.

Die Pokémonwelt wird sich immer weiterdrehen. Es wird hier Pokémon geben, wenn ich schon längst nicht mehr hier bin. Aber ich bin glücklich. Ich habe drei Pokémon, ich habe Daniel, ich habe diese Welt, die auf mich wartet. Ich habe Sinnoh.

Eigentlich gehe ich hauptsächlich in die Schule, damit ich Lernen kann: Wie man ein Meistertrainer wird. Und wenn mir jemand dabei helfen kann, dann sind es meine Freunde.